Philippe Kenel

 

Über den Erwerb eines Grundstückes in der Schweiz

 

 

Dr. iur. Philippe Kenel, Rechtsanwalt in Lausanne, Genf und Brüssel, Python & Peter

 

Im Gegensatz zu den Verhältnissen, welche in zahlreichen Staaten herrschen, kennt die Schweiz seit dem Anfang der 60er Jahren eine Gesetzgebung, welche den Erwerb von Grundstücken in der Schweiz durch Personen im Ausland an eine gewisse Anzahl von Bedingungen knüpft. Das aktuelle Gesetz trägt den Namen Lex Koller, gemäss dem letzten Bundesrat, von welchem es abgeändert wurde. Während dieses Gesetz, wie hiernach erläutert wird, bereits sehr strenge Anforderungen stellt, hat sich die Situation noch verschärft, und zwar nachdem das Schweizer Volk am 11. März 2012 eine Initiative angenommen hat, deren Zweck es ist, die Anzahl von Zweitwohnungen pro Gemeinde auf 20% zu beschränken. Die Gesetzgebung, welche aus dieser Abstimmung hervorgegangen ist, wird Lex Weber genannt, gemäss dem berühmten Schweizer Ökologen, welcher die Initiative ins Rollen gebracht hat.

 

Gemäss Lex Koller kann eine Person, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, welche ihren Wohnsitz ausserhalb der Schweiz hat, hauptsächlich drei Typen von Grundstücken erwerben:

 

a.         Erwerb einer Ferienwohnung

 

Der Erwerb einer Ferienwohnung unterliegt folgenden Bedingungen:

 

  • Die Wohnung muss sich in einer Gemeinde befinden, welche auf einer vom Kanton erstellten Liste mit Fremdenverkehrsorten aufgeführt ist (es gibt davon keine im Kanton Genf);
  • Die Nettowohnfläche darf im Prinzip 200 m2 nicht übersteigen; betreffend Ferienwohnungen, welche sich nicht im Stockwerkeigentum befinden, darf die Grundstücksfläche in der Regel 1000 m2 nicht übersteigen;
  • Eine kantonale Kontingentseinheit muss verfügbar sein;
  • Eine Ferienwohnung kann nur im eigenen Namen erworben werden;

 

b.         Erwerb einer Zweitwohnung

 

Die Kantone können bestimmen, dass eine Person im Ausland eine Zweitwohnung an einem Ort, zu dem sie aussergewöhnlich enge und schutzwürdige Beziehungen unterhält, erwerben kann. Die Kantone Waadt und Wallis haben, im Gegensatz zum Kanton Genf, von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Wir legen Wert darauf, festzuhalten, dass die Behörden mit Bezug auf die Auslegung der «aussergewöhnlich engen Beziehungen» sehr streng sind. Gemäss Bundesrat muss man darunter regelmässige Beziehungen verstehen, die der Erwerber zum Ort der Zweitwohnung unterhalten muss, um überwiegende wirtschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle, oder andere wichtige Interessen zu wahren. Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit Personen in der Schweiz, oder Ferien-, Kur-, oder andere vorübergehende Aufenthalte begründen für sich alleine keine schutzwürdigen Beziehungen.

 

c.         Erwerb eines Betriebsstätte-Grundstückes

 

Eine Person im Ausland kann ein Betriebsstätte-Grundstück ohne Einschränkung erwerben. Es kann entweder für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit benützt oder vermietet werden. Es gibt keinerlei Beschränkungen bezüglich des Ortes und der Anzahl der erworbenen Grundstücke. Zudem kann der Erwerber es im eigenen Namen oder mittels einer schweizerischen oder ausländischen Rechtsstruktur erwerben.

 

Die Annahme der Initiative Weber durch das Schweizer Volk vom 11. März 2012 hat die Situation der Personen im Ausland, welche in der Schweiz eine Zweitwohnung erwerben wollen, noch komplizierter gemacht.

 

Am Tag nach der Annahme dieser Initiative stellte sich die Frage, ob die Beschränkung auf 20% am 12. März 2012 oder am 1. Januar 2013 in Kraft tritt. Am 22. August 2012 hat der Bundesrat die Verordnung über Zweitwohnungen in Kraft gesetzt, gemäss welcher das Prinzip der Beschränkung auf 20% erst auf den 1. Januar 2013 in Kraft tritt. In einem Urteil vom 22. Mai 2013 hat das Bundesgericht aber erwogen, dass diese Auslegung falsch sei, und dass das Datum des Inkrafttretens der 12. März 2012 sei. Bezüglich der Einzelheiten über den Inhalt dieser Inkraftsetzung verweisen wir auf die obgenannte Verordnung. Ein Bundesgesetz, welches diese ersetzen soll, ist bereits Gegenstand einer Botschaft des Bundesrats vom 19. Februar 2014. Sie wird vom Parlament im Laufe dieses Jahres oder im Jahre 2015 behandelt. Im heutigen Zeitpunkt können drei hauptsächliche Regeln aus dem Initiativtext und aus der Verordnung abgeleitet werden. In erster Linie ist es seit dem 12. März 2012 nicht mehr möglich, neue Zweitwohnungen zu bauen in Gemeinden, wo deren Anteil bereits höher als 20% des Wohnungsparks liegt. In zweiter Linie muss man unter Zweitwohnungen sämtliche Wohnungen verstehen, welche nicht das ganze Jahr entweder von einer Person, welche in der Gemeinde wohnhaft ist, oder für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, oder für eine Ausbildung benötigt werden. Schliesslich sind die bestehenden Grundstücke unter Vorbehalt eines Rechtsmissbrauchs von dieser Beschränkung nicht betroffen. Mit anderen Worten, ein Gebäude, welches bereits gebaut ist, oder per 12. März 2012 über eine definitive Baubewilligung verfügte, kann als Hauptwohnung oder Zweitwohnung verkauft werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich in einer Gemeinde befindet, wo es bereits mehr als 20% Zweitwohnungen hat. Zudem kann eine Hauptwohnung zu einer Zweitwohnung werden, und auch das Gegenteil wird in Zukunft möglich sein. Der Gesetzesentwurf, den der Bundesrat in seiner Botschaft vorschlägt, übernimmt in grossen Zügen die drei obgenannten Prinzipien und fügt eine gewisse Anzahl von Möglichkeiten hinzu, um eine Zweitwohnung zu bauen.

 

Für Personen im Ausland, welche ein Grundstück erwerben möchten, jedoch die Bedingungen gemäss Lex Koller und Lex Weber nicht erfüllen, bleibt als einzige Lösung eine Wohnsitznahme in der Schweiz. Für europäische Staatsangehörige ist der Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung relativ einfach, und sobald sie in der Schweiz Wohnsitz haben, unterliegen sie nicht mehr der Lex Koller. Für wohlhabende Personen, welche in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausüben möchten, ist die beste Lösung die Pauschalbesteuerung. Im Rahmen dieser Art der Steuer bezahlt der Steuerpflichtige nicht mehr eine Steuer auf seinem Vermögen oder seinem Einkommen, sondern aufgrund seiner Ausgaben. Bis zum 31. Dezember 2015 darf deren Betrag nicht unter dem Fünffachen des Mietwertes des Grundstücks liegen, welches der Steuerpflichtige bewohnt, und jeder Kanton kann nach freiem Ermessen selbst einen Mindestbetrag der Ausgaben bestimmen. Vom 1. Januar 2016 an werden die Kantone ihre Freiheit bezüglich den Kantons- und Gemeindesteuern zwar beibehalten, der Mindestbetrag für die Berechnung der Bundessteuer wird aber CHF 400 000.– betragen. Zudem kann ab diesem Datum der Betrag der Ausgaben nicht mehr unter dem Siebenfachen des Mietwertes des Gebäudes liegen, welches der Steuerpflichtige bewohnt. Für Staatsbürger ausserhalb von Europa ist das Verfahren zum Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung komplexer. Bevor sie eine Niederlassungsbewilligung erhalten, das heisst im Prinzip während der ersten 10 Jahre ihres Aufenthalts in der Schweiz, können sie nur ihre Hauptwohnung erwerben, deren Parzelle unter Vorbehalt der Erteilung einer Abweichung 3000 m2 nicht übersteigen darf. Sie können ebenfalls in den Genuss der Pauschalbesteuerung kommen, wobei die Mindestbeträge je nach Kantonen höher liegen können als die Obgenannten.

 

In der Praxis sollte sich eine Person im Ausland, welche den Wohnsitz in ihrem Land beibehalten möchte, versichern, dass sie die Bedingungen der Lex Koller und der Lex Weber erfüllt. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte sie in Erwägung ziehen, in die Schweiz zu ziehen, nachdem sie die Bedingungen dazu mit einem spezialisierten Anwalt überprüft hat.